jueves, 1 de diciembre de 2011

DIE EINSAMKEIT DES ZUFALLS: NEUES BUCH DES SPANISCHEN SCHRIFTELLERS JUAN COBOS WILKINS

Oben, das neue Buch des spanischen Schriftellers Juan Cobos Wilkins "La soledad del azar" (Die Einsamkeit des Zufalls). Almuzara Verlag 2010. Unten, anderes Werk des Autors, der in Huelva geboren wurde.




Es geschieht nichts Unvernünftiges, das
nicht der Verstand oder Zufall wieder in die
Richte brächten; nichts Vernünftiges, das
Unverstand und Zufall nicht mißleiten könnten.



Johann Wolfgang von Goethe
Werke - Hamburger Ausgabe Bd. 8,
Romane und Novellen III,
Wilhelm Meisters Wanderjahre

Es ist der Zufall: er, der die königliche Kunst versteht, einleuchtend zu machen, daß gegen seine Gunst und Gnade alles Verdienst ohnmächtig ist und nichts gilt.


Arthur Schopenhauer
Aphorismen zur Lebensweisheit


Jose Carlos Contreras / Simone M.

Die Wechselfälle des Lebens lassen uns alle, mal mehr, mal weniger, zum Opfer des Zufalls oder unvermuteter Begebenheiten werden. Fast alle haben wir uns schon einmal von den Launen des Zufalls in seinen unterschiedlichsten Varianten überwältigen lassen, die in uns oft unerwartete Reaktionen hervorrufen können. Das Chaos, die vielleicht merkwürdigste Art der Annäherung an den Zufall, ist in der Lage uns zu überraschen, wenn wir nur aufmerksam genug sind, denn der Zufall lauert hinter jeder beliebigen Ecke, lässt entweder Gläser zerspringen oder macht uns glücklich, zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht oder bringt uns zum Weinen, überwältigt uns, quält uns, nimmt uns mit und wirft uns zurück, aber er kann uns auch glücklich machen. Der spanische Schriftsteller Juan Cobos Wilkins machte den Zufall und die Einsamkeit zum Thema seines neuesten Buches „la soledad del azar“ („die Einsamkeit des Zufalls“), dessen Charaktere sich auf turbulente Weise in das Unvorhersehbare verwickelt sehen, Personen, die in Einsamkeit leben und sich vom Zufall zu einem für sie bestimmten Schicksal geleiten lassen. Ein Buch, welches, so muss ich gestehen, dank der Gabe dieses spanischen Autors meine Bewunderung für die Literatur, für die Macht und die Magie, die in ihr stecken können, gefestigt hat.


Ich muss einräumen, dass ich Juan Cobos Wilkins Werk bereits von der dichterischen Seite her kannte: seine bildhaften und ausdrucksvollen Gedichte zu lesen war aus poetischer Sicht eine der größten Freuden, die mich in letzter Zeit berührt haben. Jetzt aber stehe ich vor dem zuletzt erschienenen literarischen Werk des genannten Autors (welcher bereits andere Romane und Erzählungen veröffentlicht hat, die ich bis jetzt noch nicht gelesen habe). Mit Begeisterung habe ich die Erzählungen in „La soledad del azar“ geradezu verschlungen, in Madrid, in Berlin, Frankfurt, Leipzig und Karlsruhe (an Orten, an die mich der unbestimmte Zufall geführt hat). Die Lektüre hat in mir den Wunsch geweckt, mich weiterhin in Cobos Wilkins Erzählungen zu vertiefen.


In "La soledad del azar", ein hübscher Titel, nebenbei gesagt, konzentriert sich der Autor nicht nur ausschließlich auf Personen oder auf Situationen, sondern auch auf Dinge, Gegenstände. Verschiedene Gegenstände spielen eine vorherrschende Rolle in der langen Reihe von Situationen, in die die Charaktere vom Zufall verwickelt werden. Der Autor stellt diese anhand einer großartig poetischen Erzählkunst dar. Ich glaube, die Tatsache, dass ich meine Reise durch die Literatur Cobos Wilkins mit dessen Poesie begonnen habe, hat dazu beigetragen, dass mir nun meine Rundreise durch seine Prosa wie ein wunderschöner, lichterfüllter Spaziergang erscheint. Ein dankenswerter Umstand, denn nicht immer trifft man auf das Werk eines außergewöhnlichen Autors, das einen zudem noch zur Wiederlektüre einlädt. Je öfter ich die einzelnen Erzählungen gelesen habe, desto mehr gefielen sie mir, und jedes mal habe ich zusätzliche Inhalte entdeckt, die ich in der ersten Lektüre nicht bemerkt hatte. Die beste Möglichkeit, der Literatur oder dem Autor Anerkennung entgegen zu bringen, ist das Buch zu lesen, und vor allem, es weiter zu empfehlen. Gute Literatur wird weiter empfohlen und gelesen (und wiederholt gelesen).



Ich sprach bereits von der Idee der Objekte , die eine wichtige Rolle in dem Buch spielen:


Objekt + Zufall + Person = Einsamkeit des Zufalls

So finden wir zum Beispiel in einer der Geschichten ein Bild von einem Baum. In der Erzählung mit dem Titel "iniciales" präsentiert uns Juan Cobos Wilkins eine Geschichte, als ob er Spiegel nebeneinander reihen oder eine Reihe mathematischer Zeichnungen anwenden würde, die allesamt zum Zufall führen. Um etwas genauer zu werden: das Foto zeigt einen Nobelpreisträger der spanischen Literatur vor einem Baum, auf dem Initialen zu sehen sind. Es gefiel dem Museumsdirektor so sehr, dass es bis auf seine natürlichen Maße vergrößert wurde, und seitdem sind dort die Initialen auf dem Baum hinter Juan Ramón Jimenez zu sehen. Mehr will ich nicht erzählen, denn die Vergrößerung des Fotos hat zur Folge, dass andere Personen zu tage treten; eine Liebesgeschichte und eine Geschichte über Kalk und Sand, und weitere Begebenheiten, die sich durch die Herrschaft des Zufalls und die menschliche Neugierde ereignen: kurz gesagt eine schöne Erzählung.


Auf die gleiche Art und Weise, genau wie die Individuen in der eben erwähnten, tauchen auch in den weiteren Geschichten des Buches Personen mit dem Merkmal der vom Zufall verketteten Identität auf: ein Held des Zweiten Weltkriegs, der von seinem Grab aus spricht und sogar Hitler erwähnt, ein vereinsamter Professor, der ein Graffiti einer geheimnisvollen Frau entdeckt, und weitere. Dieses Buch löst eine zweifache Verzauberung aus, denn einer Hauptgeschichte, oder "Muttergeschichte" im ersten Teil, entspringt im zweiten Teil eine sogenannte "Tochtergeschichte". Eine Art von gelungener Klonierung, anhand derer der Autor uns eine Geschichte darbietet, aus der aus eigener Kraft eine zweite Geschichte erblüht. Vielleicht deshalb, so vermute ich, besteht das Buch aus zwei Teilen: "Haz“ und "Envés"; der Autor fordert uns auf, zuerst jeweils die erste Geschichte aus dem ersten, und anschließend die entsprechende Geschichte aus dem zweiten Teil zu lesen, nicht jedoch auf gut Glück etwas herauszupicken, denn ansonsten würde sich die Lektüre dieses Buches, das voll ist von Personen und Objekten, die von Intrigen, Geheimissen, Humor (auch schwarzem Humor) gekennzeichnet sind, holprig und unlogisch gestalten.


Anhand der Charaktere und dieser Anhäufung von Objekten, die aufs Geratewohl in dem Buch auftauchen (leere Flaschen ohne Botschaften von Schiffbrüchigen, ein preisgekröntes Lotterielos, alternde Bäume auf denen man Initialen entdeckt, Aktentaschen mit geheimen Militärdokumenten, ein Halstuch, dass der Wind ins Meer treibt, ein Foto, das Gestalt annimmt und eine vergangene Liebe aufdeckt, ein Teller mit Blitzschlag) hat Juan Cobos Wilkins eine Welt erschaffen, die uns daran erinnert, dass der Zufall und die Einsamkeit zwei Vertreter sind mit der Fähigkeit, unsere Realität umzukrempeln. Vor allem jedoch bestätigt uns Juan Cobos Wilkins darin, dass die Literatur eine immerwährende Faszination ist.


Juan Cobos Wilkins wurde in der spanischen Stadt Huelva geboren und hat Gedichte, Theaterstücke und Romane veröffentlicht. Seine Werke wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. Er ist zudem Journalist und eines seiner Bücher („el corazón de la tierra“) wurde verfilmt. Um einige seiner Werke anzuführen: „el jardín mojado“ (1981), „Diario de un poeta Tartesso“ (1990), „Monólogo de una niña con muñeca“ (1995), „Biografía impura” (2009), in Gedichtform. Romane unter anderem: “Escrito en Irene” (1985), “el último tren a la luna” (2000), “el corazón de la tierra” (2001), “mientras tuvimos alas” (2003) und “el mar invisible” (2007).

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